Erfolgsgeschichten

Gemeinsam forschen für bessere Luft: inter 3 leitet Berliner „Citizen Science“-Projekt in internationalem Konsortium

Engagierte Bürgerinnen und Bürger messen die Qualität ihrer Straßenluft, deuten die Ergebnisse und teilen die gewonnenen Daten – auch wenn sie keine wissenschaftliche Ausbildung oder besonderes technisches Know-how mitbringen. Wenn dies gelingt, ist es ein Beispiel für „Citizen Science“. Seit Ende des Jahres 2021 geht das Projekt COMPAIR, gefördert von der Europäischen Union im Rahmen des Horizon 2020-Programms, genau diesen Weg. 15 Organisationen in sechs europäischen Ländern haben sich dafür zusammengefunden. Sie wollen in lokalen Pilotprojekten bei vorhandenen Daten zur Luftqualität Lücken schließen, effektive soziale Aktionen entwickeln und schließlich die lokale Politik beeinflussen. Ganz im Sinne der Ziele, die sich die EU für die Verbesserung der Luftqualität gesetzt hat. Berlin wird die Bühne für zwei dieser Pilotprojekte, und Dr. Shahrooz Mohajeri, Partner und Geschäftsführer des Berliner Instituts für Ressourcenmanagement inter 3 GmbH, findet es konsequent, aber nicht selbstverständlich, dass das von ihm geführte Unternehmen bei COMPAIR dabei ist und die örtlichen Pilotprojekte umsetzt. Vor knapp 25 Jahren gründeten ein Volkswirt, eine Politologin und er als Umweltverfahrenstechniker die außeruniversitäre Forschungseinrichtung inter 3 aus der Technischen Universität Berlin heraus. Gemeinsames Ziel: interdisziplinär und anwendungsnah forschen. Eine der ersten großen Aufgaben war eine Studie für die EU-Kommission über die Privatisierung und Liberalisierung des EU-Wassermarktes.

EU-Projekte sind Orte des interkulturellen Lernens

„Das Projekt war sehr erfolgreich. Ich habe damals zwei Schlüsse gezogen. Erstens, bei so einem länderübergreifenden Projekt lernt man viel mehr als in einem nationalen Projekt, denn die interkulturellen und politisch-rechtlichen Unterschiede sind beträchtlich. Und Zweitens“, erzählt Mohajeri mit einem Augenzwinkern, „die Leitung und Durchführung von EU-Projekten ist wahnsinnig herausfordernd, wir machen nie wieder eins.“ So hielt es inter 3 dann eine ganze Zeit lang. Doch vor rund vier Jahren begann Mohajeri seine Haltung zu überdenken. Schließlich, so dachte er, könnte die EU-Projektewelt sich mittlerweile vereinfacht haben. Dazu kam, dass inter 3 einige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einstellte, deren Verkehrssprache Englisch war. Also öffnete das Unternehmen seine Augen und Ohren wieder für die EU. Und wie es bisweilen passiert, wenn man für Veränderungen bereit ist: Im letzten Jahr klopfte das Berliner Heinrich-Hertz-Institut (HHI) bei Berlin Partner an, weil das Institut für ein Konsortium, das sich um ein EU-Projekt bewerben wollte, noch dringend einen weiteren Partner suchte. Das Enterprise Europe Network bei Berlin Partner wurde eingeschaltet und machte sich auf die Suche. Nach einem Hinweis aus dem Bereich Kreislaufwirtschaft wurde inter 3 als möglicher Partner identifiziert. So stellten die EU-Experten den Kontakt zwischen Mohajeri und dem Koordinator des Konsortiums her, der in Belgien sitzt. „Schnell stellten wir fest, dass das Projekt inhaltlich sehr interessant war, vor allem die Einbindung der Bevölkerung in den Prozess hat uns gefallen. Und da wir gut und erfahren sind, in komplexen Projekten Ideen zu beschreiben, haben wir ja gesagt“, erinnert sich der Geschäftsführer. Es musste dann herausfordernd schnell mit dem Antrag gehen, aber auch die positive Reaktion von der EU auf die Skizze kam zügig, und schließlich reichte das Konsortium erfolgreich den Projektantrag ein. Berlin Partner und das Enterprise Europe Network unterstützen dabei mit einem „Letter of Support“.

Regelmäßiger Kontakt mit Berlin Partner und dem Enterprise Europe Network

Für inter 3 hat sich ausgezahlt, dass ein lockerer, aber regelmäßiger Kontakt zu Berlin Partner und dem Enterprise Europe Network aufgebaut und gehalten wurde. Mohajeri beschreibt ihn so: „Wir haben uns immer wieder ausgetauscht, es gab gemeinsame Projekte und insgesamt ein Geben und Nehmen, von dem hoffentlich beide Seiten profitieren!“ Im Februar 2022 startet das regionale Pilotprojekt. Vlatko Vilović, der COMPAIR von Seiten inter 3 betreut, beschreibt das Vorgehen: „Wir arbeiten im Projekt in 5 Phasen, jede Phase baut auf den Ergebnissen der vorherigen auf. Zudem streben wir ein Lernen sowohl auf der individuellen Ebene als auch für die Gemeinschaft an. Ganz konkret beginnen wir mit einem co-kreativen Workshop, bei dem die Bedürfnisse der Stakeholder erhoben werden, damit diese in die Gestaltung der Experimente einfließen können.“ Gefragt sind hier Bürgerinnen und Bürger ebenso wie Unternehmen, die Politik und die Wissenschaft. Zwei konkrete Anwendungen werden pilotiert. In der einen wird mit mobilen bzw. stationären Messsensoren die Luftqualität geprüft. In der anderen werden Straßen temporär gesperrt und davor wie dabei die Luftqualität gemessen. Die Ergebnisse werden allgemein verständlich visualisiert und diskutiert, um zusammen mit der Politik Lösungsansätze zur Verbesserung der städtischen Luftqualität zu finden.

Diversität im Projekt

Wichtig ist Vilović, dass die Bürgerinnen und Bürger, die sich beteiligen, möglichst divers sind und das bunte Berlin auch bunt abbilden. „Wir haben gute Kontakte in zahlreiche Berliner Initiativen, die sich um Umweltschutz und bürgerschaftliches Engagement kümmern.“ Eine gute Basis, um die richtigen Personen zu finden. Das ganze Projekt ist anspruchsvoll, es spielt auf den Ebenen Technik, Verhaltensänderung und Unterstützung umweltpolitischer Entscheidungen. Gerade diese Vielfalt macht COMPAIR, das sich selbst als „Citizen-Science Initiative“ beschreibt, so interessant.